Kaffeeklatsch

Ungefragt und ungefiltert. Thomas Bartling lädt zum queeren Kaffeeklatsch ein, um über aktuelle Diskurse queerer Lebensrealitäten, wie intersektionaler Gerechtigkeit, queere Subversionsstrategien, Regenbogenfamilien oder Fragen zur Repräsentation zu sprechen. In Abgrenzung zu Formaten wie einem Panel soll hier jedoch keine Fachdiskussion, sondern ein für den Kaffeeklatsch spezifisches Geplauder generiert werden. In saisonaler Gemütlichkeit sprechen sie zunächst mit jeweils zwei Gästen, um anschließend ins Gespräch mit dem Publikum zu gehen. Innerhalb des Kaffeeklatsch sollen Kaffee und Kuchen gratis an die Besucher*innen serviert werden. Der Charakter des regelmäßigen Kaffeeklatsches soll dabei niedrigschwellig wirken, um so den Moment der Kunst als Anlass zur Begegnung und zum Austausch zu nehmen.

In der gleichnamigen Talk-Show lud Ralph Morgenstern vor 20 Jahren vier nicht-prominente Damen zum Kaffeekränzchen, um über die Boulevardthemen der Woche zu sprechen. Morgenstern war hier der schwule, einfühlsame, wie schlagfertige Gastgeber, der seine weiblichen Gäste zum Lästern und Mitfühlen über das Schicksal von Prominenten und dem Adel animierte. In diesem campy Setting aktualisiere ich dem Format das Recht edgy und diskursiv zu sein. Der Auseinandersetzung liegt das Nachdenken über queere Zeitlichkeit als eine Suche nach alternativen Lebensläufen, alters(un)angemessenen Verhaltensweisen und vom Vergessen bedrohten Kulturpraktiken zu Grunde, deren Fortbestehen nicht durch heteronormative Erbreihenfolge gesichert ist. Nach der Bedeutung von einem queerem Geschichtsbewusstseins frage ich im transgenerationalen Dialog nach der Weitergabe des Wissens um mediale und popkulturelle Vorbilder vorangegangener queerer Generationen. Um die kulturelle Deutungshoheit über binär-normative Unterhaltungsstrukturen zu übernehmen, deute ich das antiquierte Phänomen des Kaffeeklatsch um. In meiner eigenen Lebenspraxis erlebe ich den Kaffeeklatsch als Kulturpraxis, die beinah ausschließlich von Senior*innen oder schwulen Männern praktiziert wird. Dabei ist das feierliche Zurechtmachen, die nachmittägliche Uhrzeit und der Charakter der Zwischenmahlzeit ein nostalgisches Zelebrieren von Camp, der eine einzigartige Gesprächskultur zwischen Intimen, Nonsens, Gesellschaftlichem und Gossip evoziert. Diese Art der öffentlichen Begegnung und bürgerlichen Auseinandersetzung halten wir für einen besonderen Baustein des gesellschaftlichem Zusammenhalts in sich immer weiter ausdifferenzierenden Zeiten.

Gefördert durch die Konzeptionsförderung aus Mitteln des Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalens.